Also bitte, dankeschön, ich brauche leider noch ein paar Tage bis ich endlich mal in Ruhe sitzen und meine Erinnerungen zusammensuchen kann! Nur mal so viel: Ich flog mit meiner elfjährigen Tochter, der männliche und zahlenmäßig überlegene Teil der Familie blieb zu Hause. Am Abend vorher sprach mir Sylva noch mal liebevoll Mut zu übers Telefon. Und wir kamen beide völlig gesund und unversehrt zurück - bis auf den Teil unseres Ich, der in Mumbai geblieben ist.... Die Reise begann an einem Dienstag, nämlich am 9. Oktober 2007, in heller Aufregung wegen der angedrohten Streiks bei der Eisenbahn. Glücklicherweise fuhren aber am Vormittag alle Züge nach Plan, so daß wir auch pünktlich am Frankfurter Flughafen ankamen - und vorher für 2 Minuten am Frankfurter Hauptbahnhof Halt machten, wo Sylva uns dringend auf dem Bahnsteig suchte, weil sie mir noch ihre Karte für Ajay mitgeben wollte Der Fug sollte mit Air India sein, und das Flugzeug war absolut voll besetzt, fast ausschliesslich mit Indern aus London. Der Service und das Essen im Flugzeug war ausgesprochen gut, nur leider konnten wir keinen Film sehen, da in dieser Boing jeder Sitz einen integrierten Bildschirm in der Rücklehne hatte und in unserer Reihe alle Bildschirme ausgefallen waren. Das hat vor allem meine Tochter sehr enttäuscht. Aber die 8 Stunden Flug sind trotzdem gut vorbeigegangen, und die Aufregung stieg noch mal ziemlich an so 30 Minuten vor der Landung, denn jetzt wurde es uns ganz bewußt, daß wir in einem fremden Land mit anderer Kultur aussteigen würden, und das um Mitternacht.... War aber alles kein Problem, die Koffer kamen auch beide an, und ich tauschte gleich mal eine Menge Euros ein und zwar hauptsächlich in 10, 50 und 100 Rupienscheine, ganz wenig 500er - praktisch, da bekam ich gleich ganze von der Bank fixierte Bündel. Im Lauf der Zeit hat sich herausgestellt, daß zwar das abendliche Zählen der Scheine für die Bilanz etwas länger dauert, aber für die täglichen Kleineinkäufe diese Stückelung goldrichtig war. Auch gibt man lieber 10 Rupien als Almosen statt 1000..... und handeln läßt es sich auch leichter, wenn man mit schmerzverzerrtem Gesicht schliesslich eine Handvoll kleiner zerfledderter Scheine aus der Börse zerrt statt sich dann eine Unmenge Wechselgeld herausgeben lassen zu müssen :P Dann orderten wir gleich am nächsten Schalter ein Prepaid-Taxi für 750 Rupien nach Colaba (im Süden, das Touristenviertel) ohne Air Condition, mit eingeschalteter AC hätte es doch gleich 1000 gekostet! Und dann standen wir vor dem Flughafen, der Herr vom Taxistand mit unseren Koffern und meine Tochter und ich und warteten auf das Taxi - ich atmete tief ein, unglaublich warme, feuchte Luft, und stellte fest, daß es überhaupt nicht stinkt. Und keine Moskitos da waren. Und eine Unmenge von Taxis in allen Größen und Farben ordentlich auf einem großen Parkplatz standen. Ein Wächter auf einem Klappstuhl saß auch mittendrin. Und ich fing an zu schwitzen - das ist eine lästige Eigenschaft meines Körpers, obwohl ich den Sommer und die Wärme oder Hitze liebe läuft das feuchte Kühlungssystem immer sofort auf Hochtouren *schäm* Dafür übrigens habe ich dann nach ein paar Tagen meine Mineralien mit diesem Pulver aufgefüllt, das man bei Durchfallerkrankungen auflösen und trinken soll. Das habe ich dann wirklich gebraucht, eben wegen der Hitze. So, das Taxi war da, ein Koffer paßte in den Kofferraum, der zweite "saß" dann auf dem Beifahrersitz - der Fahrer lachte als ich ihm sagte wie seltsam mir das erst vorkam, weil bei uns zu Hause links halt der Fahrer sitzt :lol: Gut war es, daß ich mir einige Zettel mit der Hoteladresse ausgedruckt hatte, denn der Fahrer war sich nicht ganz sicher wo sich unser Hotel, das Godwin in der Garden Road, einer Seitenstraße des Colaba Causeway, befindet. Er hatte zwar viele Tipps bezgl anderer Hotels die mindestens genauso gut und billiger wären, aber wir haben darauf bestanden, daß wir dort hinwollen, wo wir auch gebucht hatten. Am Ende hat er halt einen Passanten gefragt, und dann hat es auch geklappt. Trinkgeld, 50 Rupien, und dann rein ins Hotel, mittlerweile war es so halb zwei Uhr morgens und bereits der 10. Oktober. http://www.mumbainet.com/hotels/godwin/
So, rein ins Hotel Godwin also – wir hatten übrigens das teuerste Zimmer überhaupt, ich habe es aber nicht bereut, denn meine Kleine hat sich dort sehr wohl gefühlt und gut entspannen können, der schöne Sofatisch sah bald ebenso überladen aus wie ihr Tisch zu Hause… An der Rezeption sah man mich erst ungläubig und verwundert an, aber nach dem ich noch drei Tage vor unserer Abreise eine letzte Bestätigungsmail geschickt und auch Antwort erhalten hatte, war ich mir ganz sicher, dass ich in dem dicken Buch stehe, und so war es auch. Jetzt war auch der Moment gekommen, wo ich das erste Mal das Foto zeigen sollte, auf dem mein Mann mit unseren Kindern zu sehen ist. Daraufhin entspannten sich die beiden Herren an der Rezeption sichtlich, und der eine fragte mich, wo er mich schon mal gesehen habe könnte, ob ich denn in der Zeitung gewesen sei *huch* Kurze Erklärung und das nette Kompliment „I like your hairstyle“, dann brachten vier andere Männer uns und unsere Koffer in den 8. Flur in unser Zimmer. Sehr schön, zwei getrennte Betten, tolles Bad, Kühlschrank, TV, Schrank mit Safe, und Klimaanlage – um 2 Uhr lagen wir auch schon in der Falle, das Handy als Wecker bereitgelegt, denn unser erstes Frühstück wollten wir nicht verpassen.
Erstaunlich leicht fiel uns das Aufstehen so um 9 Uhr. Die Auswahl am Buffet war grandios, entweder konnte man unter vier bis fünf täglich wechselnden indischen Frühstücksbestandteilen wählen, oder sich Toastbrote knusprig rösten lassen, dazu Rühreier mal mit mal ohne Gewürze (meine Tochter durfte sich immer ein „leeres“ Omelette bestellen) oder Marmelade, es gab auch Cornflakes, heiße und kalte Milch, Chaitee oder Kaffee, Obst…. So gestärkt war uns dann doch ein wenig mulmig, wie es sein würde so in Mumbais Straßen…. Wir fassten unseren ganzen Mut, ließen uns vom Liftmann hinunter fahren, schritten durch die eiskalte Eingangshalle, der Boy riss die Türe auf und dann standen wir auf dem Gehweg der Nebenstraße vor dem Hotel. Überall parkende Autos, auf dem gegenüberlegenden Gehweg war manchmal gar kein Platz zum Gehen, weil in voller Breite ein gemauertes Beet mit einem großen Baum darin war. Nun gingen wir mal bis zur Straßenecke vor, wo die vielen Autos unter ständigem Gehupe vorbeifuhren. Colaba Causeway. (Bild gibt es später, ich verlinke "am Ende dieses Tages" mein online-Album.) Und links und rechts am Gehweg Marktstände aus Holz mit einem oder mehreren Händlern, einer neben dem anderen, und an jedem Stand sprang uns ein Mann an und pries laut seine Waren an „Ma’am, good price, special price“ – „Hello Madam, look, look, good quality“ – „T-Shirt, small size, look“ und dann stand so ein Typ vor uns, mit einem Schälchen Blumen in der Hand, der uns wohl die Blauäugigkeit sofort ansah und sofort anfing, uns ein gelb-rot gekordeltes Wollbändchen ums Handgelenk zu binden, leise murmelnd, dann nach dem Namen fragte und schliesslich erklärte, nun habe man den Segen von Gott Sonstwas (Name beliebig einsetzen) und die Hand hinhielt und um eine Tempelspende bat. Wieviel? Klar, 200 Rupien. Jeder, natürlich. Nee, ich gab ihm 50, für mich, und 25 für meine Tochter, Kinder die Hälfte, das sei ja wohl klar. Die Verblüffung des Priesters ausnutzend gingen wir schnell weiter mit unserer Wollschnur am Arm, aber nach wenigen Schritten stießen wir auf seinen Kollegen. Wir zeigten unsere Schnur – ach, heute sei doch ein ganz anderer Gott dran, und flugs wurden wir wieder gesegnet, diesmal mit einer gebatikten Schnur und zusätzlich einem roten Punkt als Zierde auf der Stirn. Mit tat es ja sooooo leid, aber für Gott Nro. 2 konnte ich dann nur noch 50 Rupien locker machen…. Links und rechts standen ja die Händler, die grinsend alles mitansahen. Sicher ein tägliches Schauspiel zur Belustigung und Unterhaltung!
Wir waren doch irgendwie erst mal bedient und machten uns auf die Suche nach einem Laden für Mumbaier PrePaid Karten fürs Handy, ein Shopbesitzer nahm es uns dann gar nicht übel, dass wir nichts kaufen wollten sondern nur eine Frage hatten, und der nächste „Telefonladen“ war auch nicht weit. Glücklicherweise war ein großes Schild über dem Laden, der in etwa die Größe einer Telefonzelle hatte und einfach ein Schlitz zwischen zwei Häusern zu sein schien, mit Regalen und einem Stuhl darin. Man braucht dafür übrigens eine Kopie von seinem Reisepaß und Visa sowie ein Paßfoto. Aber der Service war ok, der Preis auch (650 Rupien, 50 extra weil er mir die Karte gleich anmelden sollte) und dann gab es nur noch ein Problem: wo gibt es eine ruhige Ecke, wo ich mal Mangesh (Ajay Devgans Sekretär) anrufen und auch hören konnte? Schliesslich sollten wir ihn bezüglich unserer Reise auf dem Laufenden halten.
Ich merke schon, Indien ist nicht nur schön, sondern auch sehr amüsant. Das mit den Händlern wäre was für mich, ich denke die würden mich nie wieder ansprechen lustig18 .
Ein bisschen Bammel hatte ich auch, wie das mit dem Englisch so am Telefon funktionieren sollte…. Ging aber ganz gut, Mangesh meinte, er habe noch zwei Stunden zu tun und würde mich dann zurückrufen. Und wenn ich irgendwelche Probleme hätte, solle ich bitte anrufen. Er sei für mich da. Wirklich tief beeindruckt legte ich auf. Und dann wagten wir uns wieder ins Gewimmel auf den Colaba Causeway. Den Händlern freundlich zunicken „no, not now, perhaps later“ und dann doch ein T-Shirt für Lydia kaufen, ein weißes, mit dem Schriftzug BOMBAY drauf, die Buchstaben ausgefüllt mit Fotoszenen, echt hübsch und für 100 Rupien, also nicht ganz zwei Euro. An einer Straßenecke blieben wir stehen, da war ein Eimer mit Wasser, darin ein Blechbootchen, das seine Runden drehte und dabei sympathisch tuckerte. Geniales Spielzeug, unter dem Boot sind zwei Blechröhrchen, da muß man Wasser einfüllen, ins Boot unter die Frontabdeckung kommt ein winziges Pfännchen mit einem Docht und etwas Wachs, und wenn man den Docht dann anzündet erwärmt sich das Wasser in den Röhrchen, und es klingt wie ein winzig kleiner Motor. Pro Stück 100 Rupien, Lust zum handeln hatte ich nicht, und ich sagte dem Mann einfach, dass es so was in Germany nicht gibt, ich es toll finde und 4 Stück nehme. Damit war ich zufrieden, und handeln nur als Sport sozusagen liegt mir eben nicht. Über die Straße, und da stand „Opa“ mit Minibananen, 6 Stück 10 Rupien, lecker. Proviant, wer weiß, was noch alles passiert. Wir waren jetzt sehr gespannt und neugierig, aber einen Plan hatten wir nicht.
Wir wollten einfach mal so „losziehen“, aber eine richtige Karte konnte ich zu Hause im Internet nirgends finden, lediglich ein „Lonely Planet Best of Mumbai“ Büchlein hatte ich bei mir. Da traf es sich gut, dass vor uns dann ein junger Mann mit schulterlangen Haaren stand, der in seiner Stofftasche Landkarten und einen Stadtplan von Mumbai hatte. Wie teuer? 250 Rupien. Na, jetzt wollte ich mal handeln …..“nee, zu teuer, außerdem kann ich die Karte ja gar nicht zusammenfalten und in meine Tasche stecken“ – kein Problem, die Endstücke wurden abgezogen, die Karte flüchtig zusammengefaltet und mir hingehalten „350 Rupien“ ! ! ! Waaaaas? Ja klar, jetzt sei es eine gefaltete Karte und deshalb teurer. *sprachlos* Nachdem ich mir kurz überlegt hatte, dass der ganze Urlaub sich mit Karte wesentlich erfreulicher gestalten würde als ohne, und ich die Flug- und Hotelkosten überdachte, entschloss ich mich, diesem Gauner die Karte halt abzukaufen. Wenige Schritte weiter hörte ich ihn dann sagen „Ma’am, here, for free“ und er hielt mir eine Karte von Indien hin, geschenkt. Naja, immerhin hatte er wohl doch ein schlechtes Gewissen…. Was wir jetzt vorhätten? Wir wollten mal Samosas essen. „Come“ und er führte uns in ein kleines Restaurant, dessen Eingang wir zwischen den ganzen Läden sicher nicht beachtet hätten, und orderte für uns zwei Teller Samosas, Flaschenwasser und für sich einen Tee….Zwei dicke Samosas für 30 Rupien…. Wir schafften jede nur ein Samosa, da ließ der Kartenverkäufer, der sich als Rahul oder Raj vorstellte, die anderen für uns einpacken. Ob wir Interesse hätten, uns ein paar Sehenswürdigkeiten anzusehen? Rahul, 19 Jahre alt, sei zwar aus Nordindien, seit 7 Monaten erst in Mumbai, und so viel Geld wie er gedacht hätte würde er nun nicht verdienen, aber er würde gerne mal mit uns zusammen wieder in einen Tempel gehen, mit dem Taxi käme man am besten hin. Jetzt war ich echt genervt und hatte keine Lust mehr mich weiter ausnehmen zu lassen – aber Rahul sagte, er würde alleine ein Taxi suchen, den Preis aushandeln, und dann sollten wir erst kommen und einsteigen. Eine geniale Idee, statt 100erten von Rupien zahlten wir den ganzen Tag über für die Taxifahrten zwischen 35 und 65 Rupien!
Was haben wir nun mit unserem Führer gesehen? Einen Jain-Tempel, der zwar gerade renoviert wurde aber doch wunderschön war, innen, meine ich (leider kein Foto), dann ging es zum Mahalaxmi Mandir mit Zwischenstopp bei den Hanging Gardens (wo wir ein Buch mit Postkarten kauften) und dem Shoe-House, und schliesslich besahen wir uns von oben die Dhobi Ghats, die Anlage der Wäscher in Mumbai. Die einzige ihrer Art in ganz Indien. Jedes Wäschestück aus den Hotels und von den Annahmestellen in der Stadt landet dort. Mit dem Mahalaxmi Mandir hatten wir übrigens wirklich Glück, das ist nämlich ein großer Tempel, davor sitzen Frauen die für 10 Rupien auf die Schuhe aufpassen, die man ja ausziehen muss, und innen drin ist erst mal ein Queuing System – warum? Während der Festtage für die Erscheinungsformen der Göttin Durga, dem Navrati Festival, stehen so viele Gläubige an, dass sie bis zu 10 Stunden brauchen ehe sie bis zum Altar gekommen sind! Zwei Tage später begann genau dieses Festival…. Lydia wurde von den Priesterinnen bestaunt und befragt und mit einer wunderschönen Blüte beschenkt. Sie war überhaupt mein „Joker“, denn jeder mochte sie sofort, was sicher auch daran liegt, dass ich eigentlich nirgends andere westliche Kinder sehen konnte.
Hinter Rahul hergehend konnten wir uns auch besser gegen die ganzen Souvenirverkäuferinnen wehren, die bei jeder Sehenswürdigkeit scharenweise auf Touristen einlabern. Und dann erwies er uns den sicher größten Dienst: er zeigte uns, wie man in Mumbai ein Zugticket kauft und die ganze Sache funktioniert. Toll für die nächsten Tage und sehr nützlich und preiswert, wobei wir mit Rahul 2. Klasse fuhren für 4 Rupien pro Person, in der ersten Klasse fühlten wir beide ohne männliche Begleitung uns dann aber wohler, und da kostete die gleiche Strecke ungefähr 50 Rupien (genau weiß ich es nicht), also auch nicht teuer, nichts im Vergleich zu einem Taxi! Überall waren an den Bahnhöfen Schuhputzer mit Holzkisten zum Abstellen der Füße und sie sahen alle sehr beschäftigt aus. Rahul erzählte uns dann, dass seine Arbeit sehr anstrengend sei und er nicht so viel verdienen würde, den ganzen Tag laufe er mit den Landkarten rum und seine Provision sei nicht besonders hoch. Wenn er auch mal Schuhputzer werden könne, das wäre sein absoluter Traumjob! Kellner hätte er nicht werden können, weil er zwar Hindi aber nicht Englisch schreiben und lesen könne. Und zurück nach Hause wolle er auch nicht, nicht ohne eine richtige Arbeit gefunden zu haben und es wirklich zu was gebracht zu haben. Wohnen würde er bei einer christlichen Einrichtung, da könne er auch duschen. Aber als Schuhputzer würde er bestimmt super gut verdienen.
Was für ein Traum!
Schließlich druckste Rahul herum – wer kann raten was nun kommt? – er würde mich ja gern was fragen…. Ob ich dann böse sei? Keine Ahnung, ich weiß ja nicht welche Frage kommen soll! Ob ich ihm nicht so eine Schuhputzbox kaufen könne….. WWWWWIIIIIIEEEEEE BITTE???? Wie er sich das denn vorstelle, und überhaupt glaube ich nicht, dass man einfach so eine Box nehmen und sich irgendwo hinsetzen könne, eine Lizenz braucht man doch bestimmt? Er könnte ja fragen, auf dem Rückweg zum Colaba Causeway vom Bahnhof aus käme man an einem Stand vorbei, da gäbe es immer mal so eine Box. Bitte, soll er doch fragen, Hauptsache, wir kommen zurück zum Hotel, gell? Aha, die große Box inklusive einer Lizenz für zwei Jahre soll 4500 Rupien kosten (knapp 90 Euro), die sah auch wirklich robust aus, mit allem Zubehör. Eine kleinere Box nur 2500 Rupien, Lizenz allerdings nur 6 Monate. Wir gingen weiter, Rahul klebte an meiner Seite – er könne auch die kleine Box nehmen, und seine Augen sahen ganz traurig aus…. Nee, das war mir zu teuer, und das sagte ich ihm auch, selbst für deutsche Verhältnisse eine Menge Geld, das kann man nicht so hergeben, überhaupt sei es das Geld von meinem Mann, der hart arbeiten müsse um unsere Familie zu versorgen und überhaupt den ganzen Spezial Frauen Urlaub bezahlt habe. (Das Foto hatte Rahul natürlich auch schon ausgiebig angeschaut, so dass er über unsere Familiengröße informiert war.) Aber ich würde mich in Ruhe hinsetzen irgendwo und nochmal darüber nachdenken, sagte ich, und hatte fest vor dann definitiv „no, sorry“ zu sagen. Rahul suchte uns also einen Platz, wo wir ungestört auf einer gelblichen Kricketwiese vor der University sitzen konnte, sagte gar nichts mehr, guckte nur manchmal zu mir her, und drehte die Waschanleitung, die von seinem Hemd abgefallen war, in seinen Fingern herum. Ich wusste nicht, ob ich ihm glauben sollte oder nicht, ob es vielleicht auch einfach nur ein Trick war…. Ich rang mich durch (nachdem ich an den Preis dachte, den ich für eine Übernachtung zahlte – 4100 Rupien noch was) und sagte, ich wolle dann aber sehen, wie er sich die Box kauft. Breites Grinsen, schnell Aufspringen und dann untertänig warten bis ich mich hochgehievt hatte….ich sollte aber bitte Abstand halten damit mich der Boxverkäufer nicht sieht, sonst müsse er am Ende mehr zahlen, einen Touristenpreis sozusagen (später hatte ich übrigens fast nie mehr so viel Geld in meiner Bodybag)….
Naja – am Abend dachte ich mir, nachdem ich hin und hergerissen war zwischen Ärger über meine Gutmütigkeit und der Hoffnung, wirklich was Gutes getan zu haben: egal, was er damit tut, er braucht es trotzdem sicher nötiger als ich. Äh, ach so, zurück zum Tagesablauf: er kaufte sich also echt die Box und trug sie stolz mit sich. Und erzählte mir, er habe einen Freund der ein Internetcafe habe, er würde mir eines Tages ein Foto mailen, wo man ihn als Schuhputzer sehen würde, denn gleich könne er nicht anfangen, erst mal brauche er ein Passbild und dann müsse er zur Behörde und nach 10 Tagen bekäme er dann die gültige Lizenz. Ja, das fände ich schon gut, so ein Foto von ihm wollte ich unbedingt gemailt kriegen, und ich gab ihm meine email Adi. Und auch bitte meine Mumbaier Mobilnummer, er würde uns gern noch mal was von Mumbai zeigen, als Dank – er fühle sich als könne er mich vor Dank zerdrücken, sagte er. Und dann trennten sich unsere Wege.
Nachdem meine Tochter und ich dann irgendwann feststellten, dass wir an der Straße von unserem Hotel vorbeigelaufen sein mussten, und es dunkel war, nahmen wir dann noch ein Taxi, für 200 Meter zahlten wir dann ohne Rahul 50 Rupien. Der Mensch in dem Taxi ließ sich auch gar nicht erpressen, nicht mal als wir sagten, für den Preis würden wir lieber laufen….. Auf dem Zimmer aßen wir noch unsere Samosas vom Mittag auf, tranken unser Flaschenwasser (hier wollte uns übrigens nie jemand ein Wasser aus dem Hahn verkaufen, nur in den Restaurants bekommt man manchmal ein Glas Wasser einfach so zur Begrüßung hingestellt, das sollte man nicht trinken – einmal sagte uns sogar ein Wasserverkäufer, sein Wasser wäre nicht gut für uns, wir sollten wo anders kaufen) und putzen die Zähne auch mit dem Flaschenwasser, was also bei Lydia auch die ganze Zeit prima funktioniert hatte, auch das Ausspülen der Zahnbürste mit Trinkwasser…. Beim Duschen den Mund zu lassen …. Wir hatten übrigens kein Problem mit dem Dreck auf der Haut, was schwarz war ging auch mit Seife und Bürstchen wieder ab, außerdem hatte ich noch eine Peelingseife dabei…. Und der erste Tag war zu Ende.
So kann es gehen, wenn man neu in einem fremden Land ist, und nichts Genaues geplant hat….
Ach ja, Mangesh hatte auch nicht zurückgerufen…. Schade...als ich gerade duschen wollte, um neun Uhr abends, da läutete dann das Handy, und Mangesh war dran! Jetzt sagte er mir nochmal, dass ich ihn ja anrufen sollte wenn irgendwelche Probleme auftreten, und dann erzählte er mir, dass Ajay sich gedacht habe, es würde uns Spaß machen wenn wir ihn am Samstag auf irgendeinem Filmset treffen würden… Mangesh würde sich noch mal melden und uns die Uhrzeit mitteilen, wo er uns dann vom Hotel abholen würde. Wow! Das war das i-Tüpfelchen, jetzt war alles wieder gut!
Übrigens braucht Ihr keine Angst zu haben, daß ich von allen 8 Tagen sooo viel zu erzählen hätte - dieser erste Tag hatte aber schon ganz schön viel auf uns einstürmen lassen!
Ruth...da steigen Erinnerungen in kir hoch. Manche Vorfälle haben sich irgendwie bei mir auch genauso abgespielt, wie du es erzählst. Von mir aus kannst du einen Roman schreiben. Das ist so interessant und du schreibst sehr anschaulich. ShowKiss
Foxy-X Lästere nur! Einmal bin ich noch mal ganz übel reingefallen - wobei ich immer noch auf ein Foto von Rahul hoffe - Inder haben ja doch ein anderes Zeitgefühl..... und überhaupt sind die 10 Tage erst jetzt um.... Einmal noch, und nur weil ich einen Rat befolgt habe, den ich in so einem Reiseführer oder Reisebericht gelesen habe.... Ansonsten habe ich mal 10 Rupien gegeben, vor allem wenn so Lepraopfer da rum saßen, oder auch weniger in Münzen, und die wirklich Bedürftigen waren dafür sehr dankbar, nur diese professionellen Bettlerinnen in Colaba waren immer unzufrieden und wollten 50 oder 100 Rupien haben - aber nach diesem angedeuteten zweiten Erlebnis bekamen sie fast nie mehr was oder nur ganz wenig, und das fiel mir dann auch ganz leicht.... Wartet es ab....
Sylva: danke für die Blumen, die Du mir nun wieder zurückreichst . ICH danke für Deinen Bericht!!!! Ich hab doch gesagt, ich dachte erst Du seist beruflich Autorin!
An diesem Morgen wurden wir geweckt von Flügelschlagen, Füßchen trippeln und Papageienkreischen vor dem Fenster. Wirklich süß, jeden Morgen saßen ein paar von diesen grünen Papageien da und guckten durch das Gitter vor den Fensterscheiben – Lydia und ich nehmen an, dass sie sich immer wundern, wenn wieder jemand Neues in diesem Käfig sitzt *grins* Meine Tochter war begeistert und hat doch einige Zeit damit verbracht, mit den Vögeln zu „kommunizieren“.
An diesem Tag wollten wir das berühmte Museum besuchen, bekannt als „Prince of Wales Museum“, heute heißt es allerdings „Chhatrapati Shivaji Maharaj Museum“… ich schreibe am besten gleich, was man da so sehen kann: im Erdgeschoss viele Skulpturen, anscheinend von hinduistischen und buddhistischen Tempelanlagen, und eine nette Sammlung von ausgestopften Tieren, darunter ein 6 m langer Sägefisch, der im Jahr 1938 in der Back Bay gefangen worden war. Im oberen Stockwerk gab es dann vor allem Bilder mit Miniaturmalerei aus verschiedenen Epochen und Malschulen, die sich überwiegend mit der Darstellung aus den Göttersagen befassten. Niedlich fanden wir eine Sammlung, wo auf jedem Bild ein anderer Monat mit entsprechendem Wetter oder Feierlichkeiten dargestellt war, und im englischen Text daneben auch erläutert wurde – denn die Schlusssätze waren eigentlich immer gleich, egal ob es wegen Regen, Freude und Frühling etc. war, es war nie der geeignete Monat um von seiner Familie wegzugehen, stets kam der Rat, in diesem Monat solle man lieber zu Hause bleiben! Ganz oben dann gab es atemberaubend schöne Keramiken und Porzellan zu sehen, auch chinesisches und japanisches, sowie einige Rüstungen und Waffen, unter anderem (wie das Museum erst vor Kurzem herausgefunden hatte) die Ausrüstung des Eroberers Akbar. Und schliesslich noch zwei Räume mit dem allerexotischten, was das Museum zu bieten hatte: europäische Gemälde!
Das Museum war maximal 10 Gehminuten vom Hotel entfernt, doch sicherheitshalber nahm ich unseren neuen Stadtplan mit. Zuerst wollten wir aber zum Gateway of India, der nur 2 Minuten von uns entfernt war, wenn wir aus dem Hotelzimmer schauten konnten wir das Meer und die Kuppeln vom Hotel Taj Mahal sehen. Am Meer angekommen, fiel uns als erstes der Gestank auf – anscheinend musste die Ecke der Promenade mit großem Baum und winzigem Stück Wiese als Toilette herhalten. Wenige Schritte weiter war ein – ich schätze mal aus der Kaste der Unberührbaren – Mann damit beschäftigt, den Müll zusammenzukehren und zu tragen. Er sah uns mit großen Augen an, und ich drückte ihm meine Kamera in die Hand, er sollte uns beide fotografieren. Aufgeregt wischte er sein Gesicht ab und drückte (leider zu kurz) den Auslöser, und war richtig glücklich und stolz. 20 Rupien hab ich gegeben als „Lohn“. Und im Weitergehen mit meinem Sagrotantüchlein dann doch lieber die Kamera gereinigt – ja mei…. Vor dem Gateway of India war es furchtbar, auf Schritt und Tritt wurden wir regelrecht verfolgt von segnen wollenden Priestern, Anbietern von Touristentouren durch Mumbai oder nach Goa oder sonst wo hin. Ein Junge schenkte Lydia zwei metallene eiförmige „Steine“, in denen ein Magnet ist. Wenn man die Steine so hochwirft, dass sie sich erst im Flug treffen, gibt das ein spezielles Geräusch. Wir belohnten ihn mit einigen aus Deutschland mitgebrachten Lollies, was er so toll fand, dass er uns dann nachlief und noch ein paar wollte, für seine Freunde.
Am Taj Mahal Hotel sind wir nur vorbeigeschlichen, man kann da drin im ersten Stock zwar auch im Cafe sitzen, aber dazu hatten wir keine Lust.
Nach meiner Schätzung sollten wir nun ziemlich bald zum Museum kommen, ein Blick auf die Karte und wir gingen los. Nach 10 Minuten kam es mir komisch vor, dass wir das Museum noch nicht erreicht hatten, und ich fragte nach dem Weg. Weiter, weiter, wurde mir gewunken. Also weiter, immer an der dichtbefahrenen zigspurigen Straße entlang (wobei, so was wie eine Spur gibt es da nicht, selbst wenn Striche aufgezeichnet sind, fahren alle wie sie gerade meinen, von rechts nach links und zurück, überholen auf beiden Seiten, einzige Warnung ist Hupen – damit wenigstens der Gegenverkehr respektiert wird, gibt es in der Straßenmitte eine Linie aus Betonklötzen). Es gab auch keinen Gehweg, wir drückten uns an der Mauer entlang. Erstaunlich, dass kaum Unfälle passieren….Ab und zu war ein Tor in der Mauer, mit Gitter, und uniformierten Wachleuten, Schilder auf denen der Eintritt verboten wurde – keine Ahnung was das ist, auf meinen Karten steht es auch nicht. Endlich endlich – wir waren fast eine halbe Stunde in der Hitze am Straßenrand gelaufen – kam ein imposantes Gebäude mit großartiger Steintreppe in unser Blickfeld. Das muß es sein! Doch nein – es war die Stadthalle und die Zentrale Bücherei! Nachdem die auch auf der Liste der Sehenswürdigkeiten steht sind wir hineingegangen und haben einen Blick riskiert – uralt und ehrwürdig sah es da drin aus. Ein riesiger Saal, auch unheimlich hoch, mit lauter eher niedrigen Vitrinen mit allen Arten von Büchern und in der Mitte Regale voller Karteikarten. In einer Ecke ging es lustig zu, wir gingen um die Vitrinen herum und standen vor der Kinderecke, da vergnügten sich ein paar niedliche Kleine mit Bilderbüchern oder Spielzeug, und Lydia sollte sich und ihre Schule in ein großes Buch eintragen.
Dann sind wir wieder raus gegangen, und wir fühlten uns ziemlich erschöpft. Gegenüber sah es schön grün aus, ein hohes eisernes Gitter trennte einen Park von der Hauptstraße. Wie immer nach sorgfältigem Abschätzen der Geschwindigkeit der Fahrzeuge und leicht rennend schafften wir es über die Straße und waren wie im Paradies – das Hupen, die Fahrgeräusche und die Hitze waren irgendwie draußen vor dem winzigen Park geblieben. Wir konnten uns einfach auf eine Beeteinfassung setzen, eine Banane essen, Wasser trinken und ausruhen, ganz friedlich. Auf dem Bänken saßen oder lagen Männer in Anzügen, offensichtlich hatten die Mittagspause, und zwei Frauen im Sari unterhielten sich leise. Davon habe ich auch ein Bild in meinem „gestern“ verlinkten Album, Horniman Circle.
Jetzt hatte ich unseren Aufenthaltsort auch auf der Karte gefunden – ich wundere mich immer noch wie ich mich so verschätzen konnte! Jetzt mussten wir also wieder zurück gehen, wenn wir ins Museum wollten, es war ja schon Mittag! Wir kamen an einem kleinen Restaurant vorbei, das sogar in meinem Lonely Planet war, dem „Jimmy Boy“ und wollten ausprobieren, was es da so gibt. Später habe ich gelesen, dass das eins von ganz wenigen Parsi Restaurants in der Stadt ist. Das Essen war übrigens sehr lecker, der Ausblick aus der offenen Tür erinnerte mich allerdings an ein winziges pakistanisches Restaurant in Frankfurt, wenn man dort aus dem Fenster sah, bot sich einem fast der gleiche Anblick!
Die Bombay Paperie sollte auch gleich in der Nähe sein, im ersten Stock eines großen Hauses ist man wie in einer anderen Welt. Angenehm kühl steht man in einer Designausstellung für handgeschöpftes Papier – goldbedruckte Papierbögen in wunderschönen Farben, Karten mit und ohne Aufdruck (auf einer stand „Danke“ in mehreren Sprachen, auch in Deutsch, die haben wir unserer Oma mitgebracht), Papierblumen, Umschläge, Notizbücher, Fotoalben……wunderschön. Ich habe einiges erworben, hier bei uns hätte ich wohl mehr als 5mal so viel bezahlen müssen. Lydia hat auch ein bisschen was gekauft und ein bisschen was von mir geschenkt bekommen.
Es ist übrigens sehr schön, durch die Seitenstraßen zu gehen, und das Treiben zu beobachten. Überall wird irgendwas verkauft, auf den Gehwegen muß man oft ausweichen, weil ein Kanaldeckel offen ist oder eine angefangene Baustelle dort ist oder ein Stand den Gehweg in Beschlag nimmt, dann spielt sich eben alles, die Unterhaltungen und anderen Tätigkeiten, auf der Fahrbahn ab, und die Autos und Mopeds weichen eben aus - nicht ohne zu hupen, natürlich!
Nun haben wir uns endgültig auf den Weg zum Museum gemacht und es endlich auch erreicht. Hier wie auch in Kinos, größeren Geschäften und den Tempeln muß man – wie in London – seine Taschen bzw. Rucksäcke durchsuchen lassen. Solche Kontrollen gibt es wohl überall im Land, und trotzdem – während unseres Urlaubs sind zwei Anschläge verübt worden in Nordindien, in einem Tempel und in einem Kino *traurig*
Danach hatten wir das Gefühl, dass wir genug gesehen hätten, und wollten wieder „nach Hause“ zum Colaba Causeway. Und kamen am Cafe Leopold vorbei, von dem wir schon bei Mimbienes Reisebericht gelesen hatten. Dort fühlten wir uns sofort sehr wohl, wurden freundlichst und diskret bedient, und Lydia hat diesen Ort fest in ihr Herz geschlossen – was sicher vor allem an einem Kellner liegt. Ein netter Mann, der sich Lydias Zeichnerei in unserem kleinen Block, womit sie sich die Wartezeit vertrieb, angesehen hat und dann jedes Mal wenn er an unserem Tisch vorbei kam auch hineingemalt hat. Unter anderem eine wirklich tolle Skizze einer indischen Lehrerin im Sari, mit Punkt auf der Stirn und Mangalsutra, und dem Lehrstock in der Hand. Diese Skizze ist für Lydia quasi „heilig“. Der Mann hat zwei Kinder, der eine habe sich letzte Woche den Knöchel gebrochen, so erzählte er uns, und von nun an mussten wir fast jeden Abend im Cafe Leopold essen! Für mich war es auch interessant, sich die anderen „Ausländer“ anzusehen – und hin und wieder indische Männer verschiedenen Alters, die offensichtlich vor allem zum Bier trinken dort waren *grins*
Ein schöner Ausklang jedenfalls für so ereignisreiche Tage voller einmalig beeindruckenden Erlebnissen, wie wir sie in Mumbai haben durften.
An diesem Tag wollten wir mal weniger laufen, uns stand der Sinn nach Shopping. Nachdem Lydia die Papageien höflich begrüßt und wir ordentlich gefrühstückt hatten, wollten wir uns auf den Weg machen und mit dem Zug nach Bandra fahren. Zugfahren hatte uns ja Rahul gezeigt, ist ganz einfach.
Nicht so einfach war es für mich – wieder mal – den richtigen Weg zum Bahnhof zu finden *seufz* Aber solche Irrwege führen halt auch zu neuen Entdeckungen von Straßen oder sehenswerten Punkten, die wir sonst gar nicht gesehen hätten… Zuerst auf dem Colaba Causeway (der mittlerweile auch auf einen Hindi Namen umgetauft ist und Shahid Baghat Singh Marg heißt) Richtung Norden, an den vielen Händlern vorbei. Oder auch nicht – denn da gab es zum Beispiel diesen Nadelverkäufer. Der hatte einen Stickrahmen in der Hand, bespannt mit schwarzem Stoff, und darauf war ein Muster oder eher ein Bild in leuchtenden Farben gestickt, auf einer Seite sieht das aus wie eine Stickerei, auf der anderen wie ein Teppich ungefähr. Die Nadeln sticht man von oben in den Stoff und zieht sie dann wieder heraus, dabei bildet sich auf der Rückseite eine kleine Schlaufe. Wenn man die Schlaufen dann vorsichtig mit der Schere kürzt, erhält man diesen Flauscheffekt. Der gute Mann wurde nun an Lydia ein Set mit zwei solchen Nadeln und drei Bündeln Stickgarn los für 100 Rupien. Und dann orientierte ich mich an unserem Stadtplan (jaja….) und wir marschierten zügig. Bis wir in eine weitere Passage kamen, in der auch auf beiden Seiten Händler standen, aber die sprangen uns nicht sofort laut rufend an, sondern sie standen nur da, versuchten in Blickkontakt mit den Passanten zu kommen, und einige hatten tatsächlich ein Radio mit leise spielender BW-Musik. Zu unserer Enttäuschung war es nämlich gar nicht so, dass man überall aus billigen Lautsprechern die Hindifilmmusik quäken hört. Dafür mussten wir schon das TV Gerät im Hotel bemühen. Nun, auf diese Passage folgte eine weitere, dann noch eine….seltsam, wir konnten uns wirklich nicht erinnern, mit Rahul auf dem Rückweg vom Bahnhof dort entlang gegangen zu sein…. Auch die Straßennamen konnte ich nirgends im Umkreis des Bahnhofs auf der Karte finden…. Schliesslich, an einer großen Straße, fragten wir einige Leute, die an einem Stand miteinander redeten. Der eine Mann gab gleich freundlich Auskunft „klar, hier entlang, nur 5 Minuten“ und wies nach rechts. Die beiden Herren hinter dem Stand sahen sich verwundert an – oh, ich wurde vorsichtig, bedankte mich artig und wartete, bis der hilfreiche Ortskundige entschwunden war, und wandte mich nochmal an die beiden Verkäufer „klar, da entlang, nur 5 Minuten“ war die Antwort, und sie zeigten nach links. Ja, was nun? „Beide Richtungen gehen zum Bahnhof?“ war meine ungläubige Frage – nein, sie hätten Recht, der andere Herr hätte da was verwechselt… wir entschieden uns, lieber den beiden Verkäufern zu folgen, und überquerten eine wirklich sehr große Straße. An dieser Kreuzung wurden sogar ausnahmsweise die Lichtzeichen der Ampelanlage beachtet. Und in der Mitte war eine große Verkehrsinsel mit einem tollen Standbild (davon gibt es auch ein Foto). Tatsächlich, wir erreichten den Bahnhof, wenn auch nicht nach 15 sondern eher nach 75 Minuten. Nun hatte ich auch herausgefunden, wo wir uns diesmal herumgetrieben hatten: in der Fort Area. Die heißt so, weil es da früher mal ein Fort gegeben hat.
Im Bahnhof konnte ich dann für eine Freundin den Zugfahrplan für alle indischen Fernzüge erwerben für weniger als 1 Euro. Und dann noch die Fahrkarten nach Bandra, das ist wirklich einfach. Überall hängen Schilder, dort stehen die Stationen und rechts daneben, wie viel eine Karte zweiter und erster Klasse kosten. Dann stellt man sich an einer der Warteschlangen vor den offenen Schaltern an und das war es. Der Bahnhof war eine Endstation, so konnten wir einfach in einen Zug steigen, der am Gleis stand, und man konnte gar nichts falsch machen. Glücklicherweise!
Sitzplatz, überhaupt viel Platz in der ersten Klasse, es war so um die Mittagszeit… ein netter Herr, den ich doch noch mal gefragt habe, ob der Zug wirklich nach Bandra fährt, wies uns immer wieder darauf hin wie viele Haltestellen noch kommen. Dann waren wir da – „geweihter Boden“ oder so was? Immerhin wohnt hier in diesem Stadtteil der ein und andere Filmstar. Wir werden aber keine Wohnhäuser bzw. deren hochgemauerten Garteneinfassung bewundern, sondern wir wollten in die Linking Road. Ein Tipp von Bandra Girl, da kann man schön und edel einkaufen, und einen Planet M für DVDs soll es auch geben. Und endlich durften wir mal mit einer Motorrikscha fahren, in Colaba sind die nämlich nicht erlaubt, dort gibt es nur die superteuren klimatisierten Taxis und die gelbschwarzen teuren Cabs, die sich gar nicht darauf einlassen einem die Karte mit der Umrechnungstabelle zu zeigen, sondern wissen wollen wohin die Fahrt gehen soll und dann einen Horrorpreis nennen. Die Motorrikscha-Fahrer haben nie versucht uns auszunehmen, sondern immer gleich ihr Bimmel-Mess-Gerät eingeschaltet und am Ende lächerliche Summen von 15 Rupien und ähnlich verlangt. „Linking Road“ sagte ich also und wir stiegen ein. Und nur hier in Bandra haben wir erlebt, dass sich die Leute wirklich – wie im Film „Traffic Signal“ an den Kreuzungen auf die Passagiere der Autos und Rikschas stürzen um entweder was zu verkaufen oder gleich um zu betteln. Wir hatten ja noch viele viele Lollies, und spendeten reichlich *grins* etliche Rupien wechselten allerdings auch den Besitzer. Es läppert sich halt doch zusammen. Endlich fuhr die Rikscha seitlich ran, und wir standen da – irgendwo in Bandra in der Linking Road. Wohin sollten wir jetzt gehen?